Tobit 4,8

Wie es dir möglich ist: Aus dem Vollen schöpfend - gib davon Almosen! Wenn dir wenig möglich ist, fürchte dich nicht, aus dem Wenigen Almosen zu geben! Tob 4,8 (E)

 Liebe Leser und Leserinnen,

ein Erlebnis aus meiner Ausbildungszeit in der Meißener St. Afra- Gemeinde kommt mir sofort in den Sinn. Die Meißener Akademie feierte ihr 60-jähriges Jubiläum. In der angrenzenden St.-Afra-Kirche wurde Gottesdienst gefeiert. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt. Eine ganz eigene Gottesdienstgemeinde. Wenn Sie mich fragen: Hier war das Bildungsbürgertum weitestgehend unter sich.

Meine Aufgabe in diesem Gottesdienst war begrenzt. Ich sollte mir zu gegebener Zeit den Kollektenbeutel schnappen und das Dankopfer mit einsammeln. Ich lief also durch die Reihen und wer wollte, konnte etwas hineinlegen. So halten wir das ja in den meisten Gottesdiensten. Eigentlich nicht der Rede wert, aber ein Moment ist mir eben doch in Erinnerung geblieben. Als ich zu einem älteren Herrn kam, sah er mich an und fing an, in aller Ruhe sein Portemonnaie zu suchen und dann darin zu kramen. Er ließ mich eine ganze Weile stehen und tat dann nach längerem Suchen genau zehn Cent in den Beutel.

Zehn Cent. Das, was er da hineinlegte, das war keine Gabe, das war ein Statement. Offensichtlich hatte er kein großes Verständnis für Kollekte. Es war ihm wohl nicht wichtig, nicht plausibel, vielleicht ärgerte er sich auch daran, dass mitten im Gottesdienst Geld gesammelt wird. Dafür ließ er mich auch gern eine Weile stehen.

Vielleicht aber offenbarte diese kleine Gabe darüber hinaus auch etwas aus dem Herzen des Gebers. Möglicherweise trug dieser Mann tatsächlich das Gefühl in sich, nicht genug zu haben? Und auf keinen Fall mehr als diese zehn Cent entbehren zu können?

Sehen Sie, wann haben wir schon objektiv genug? Es gibt doch dafür keine Zahl und keinen Geldbetrag. Es ist tatsächlich eher ein Gefühl. Fühle ich mich gut versorgt? Oder habe ich Angst, es könnte für mich nicht reichen und ich komme zu kurz?

Die Bibel sagt: Einen freundlichen Geber hat Gott lieb. Aber freundlich wird wohl nur der geben können, der sich selbst reich beschenkt und von Gott versorgt weiß und deshalb die Dinge auch wieder getrost aus seinen Händen geben kann.

Übrigens empfinde ich es in unserer Gemeinde oft genau anders. Hier begegnet mir vielfach eine Großzügigkeit, die mich staunen lässt. Ich wünsche uns, dass wir geben können, weil wir uns von Gott gut versorgt wissen. Längst habe ich begriffen, dass wir mit unserer Art zu rechnen, Gottes Art zu geben nicht erfassen. Im Gegenteil: Vielfach habe ich erlebt, dass gerade dort, wo wir mit weitem Herzen und vollen Händen ausgeteilt haben, Gottes Segen umso reicher zurückkam.

Es grüßt Sie herzlich Ihre Elisabeth Süßmitt