Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende. (Röm 14,9)

Der amerikanische Geiger Joshua Bell startete im Jahr 2007 ein Experiment. Frühmorgens, zur Hauptverkehrszeit stellte er sich mit seiner Stradivari in die Eingangshalle der Washingtoner U-Bahn und gab den Vorbeieilen eine Dreiviertelstunde lang ein kostenloses Konzert. Die Glücklichen, könnte man denken, für ein solches Konzert zahlen Konzertbesucher in der Regel viel Geld. Aber die Passanten bekamen ihr Glück dort im Vorbeihasten nicht fassen. Sie konnten nicht hören, nicht sehen, sie mussten weiter, sie waren ohnehin schon spät dran und gleich mussten sie auf Arbeit sein. Wer hat denn schon frühmorgens Muse, sich in den Bahnhof zu stellen und den Klängen einer Geige zuzuhören?

Und so verpassten die Vorbeieilenden ihr „Glück“, ihre Chance und der Tag, der einiges für sie bereitgehalten hätte, wurde ein gewöhnlicher.

 Diese Geschichte kam mir wieder in den Sinn als ich den Monatsspruch, diesen Vers aus dem Römerbrief las: Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende.

Ja, so bekennen wir es und am Ostermorgen singen wir einander zu: „Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden, Halleluja!“

Was bedeutet es, dass Jesus „der Herr“ ist? Mein Herr? Und Ihrer?

Mir scheint, als spiele Jesus in unserem Leben oft genug eine Rolle vergleichbar der des berühmten Geigers. Unauffällig steht er dort am Rande unseres Alltags. Eigentlich ganz nah, und doch sehen wir ihn kaum, weil wir schnell weiter müssen, weil uns ein reibungsloser Ablauf wichtiger ist als die Begegnung mit ihm. Wo doch gerade er unseren Tag reich machen könnte, wenn wir mal einen Moment stoppen würden, ihn unseren Herrn sein ließen und zuhörten.

Einmal, so glaube ich, wird sich das alles auflösen und wir werden erkennen.

Ich überlege mir, was die Menschen empfunden haben, als sie später die Washington Post aufschlugen und sich just in dem Moment dunkel erinnerten, dass da in der Bahnhofsvorhalle doch was war, als sie früh dort langeilten.

Was wir wohl empfinden werden, wenn unser Herr sich einst in Klarheit zeigt und wir – im Rückblick – sehen werden, wo wir ihn haben stehen lassen? Ihn, den Herrn über Leben und Tod, über Lebende und Tote. Weil wir doch weiterhetzen mussten.

Von Herzen wünsche ich Ihnen und mir selbst, dass wir den Herrn jetzt schon unseren Herrn sein lassen, dass wir ihn auf unserem Weg erkennen und ihm folgen.

Ein gesegnetes Osterfest!

Ihre Elisabeth Süßmitt